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GASTARBEITER*INNEN DENKMAL

"GASTARBAJTERI"

Eine Initiative zur Errichtung eines Gastarbeiter*innen Denkmals

Wenn wir Gastarbeiter*innen anerkennen, dann werden wir vielen Nachkommen dieser Gastarbeiter*innen Mut geben und ihnen auch erleichtern sich mit unserem Land Österreich zu identifizieren und dieses auch als eigene Heimat zu sehen. 

"GASTARBAJTERI"

 

„Ich begrüße Sie in Zuneigung. Ich möchte Ihnen sagen, dass ich mir Wien ohne Sie nicht vorstellen kann. Sie sind ein Teil unserer Stadt. So unwiederbringlich wie die Donau oder der Stephansdom. Ob türkische Staatsbürger oder Jugoslawen, die Gastarbeiter haben das Land aufgebaut. Das muss man feiern, das ist ja die Geschichte Österreichs.“

(1) Helmut Zilk (Bürgermeister der Stadt Wien, im Juni 1989)

 

Leider folgten diesen herzlichen Worten nur wenig Taten seitens der Politik zur Erinnerung der Leistungen der Gastarbeiter*innen.

Deshalb habe ich eine Initiative zur Errichtung eines Gastarbeiter*innen-Denkmals ins Leben gerufen. Diese Initiative soll ein Anstoß für einen Schulterschluss verschiedener migrantischer und nichtmigrantischer Organisationen sein, die eine Thematisierung des Fehlens und die Errichtung eines Denkmals fordern. Wir, die österreichische Gesellschaft,  wollen an die Leistungen jener Frauen und Männer erinnern, die als Arbeitskräfte gekommen sind, die Stadt und auch das Land mit aufgebaut haben, und ein wichtiger mitgestaltender Teil unseres Landes geworden sind: an der Errichtung unserer Autobahnen, der Wiener U-Bahnen, der Uno-City und vieler anderer Bauten, die zur Modernisierung Österreichs und Wiens beitrugen, sowie der Pflege von Menschen ….leisteten vor allem aus damaligen Jugoslawien und aus der Türkei stammende Gastarbeiter*innen, aber auch Menschen aus vielen anderen Nationen einen wesentlichen Beitrag. So begann die Geschichte einer besonderen Form der Migration im Nachkriegseuropa, die von der ursprünglichen Vorstellung, Arbeiter*innen je nach Bedarf stets durch neue zu ersetzen, zunehmend abwich. Die angeworbenen Arbeitskräfte selbst, aber auch das politische System waren nicht auf den Verbleib der Gastarbeiter*innen ausgerichtet. Nicht nur die Verweildauer, auch der Grad an Versorgung entsprach nicht dem, was man einem Gast zumuten möchte, sondern eher jenen schlechten Verhältnissen gegen die österreichische Arbeiter*innen eine Generation zuvor bereits aufbegehrt und auch Rechte erkämpft hatten. Schlechte Wohn- und Arbeitsbedingungen hinterließen ihre Spuren bei vielen der damals zugewanderten Menschen, die anfangs ohne der eigenen Kinder (die größtenteils in ihrem Heimatland bei den Großeltern in Obhut waren) das Leben in Österreich bestritten. Dieses und andere Opfer wurden viel zu lange von der Zuwanderungsgesellschaft nicht wahrgenommen.  Man hatte lange gearbeitet, Kinder und Enkelkinder hier aufwachsen gesehen und dennoch weder die gleichen Rechte zugestanden bekommen und selten eine positive Anerkennung erfahren. Sie aber haben jenes prosperierende Österreich mit aufgebaut, von dem alle heute noch profitieren. Auch in politischer Hinsicht trugen Migrant*innen zum Wandel und zur Öffnung der Gesellschaft bei. Sie kämpften gegen Ausländerfeindlichkeit und für die Erlangung und Erweiterung ihrer Rechte, und engagierten sich in Gewerkschaften und Vereinen.

Ich möchte nicht von „Gastarbeiter*innen“ als „Problem“ sprechen, sondern von jenen Frauen und Männern, die zu einem unverzichtbaren Teil der österreichischen Gesellschaft wurden. Weitgehend unsichtbar geblieben sind die Stimmen der Migrant*innen selbst. In medialen Bildern und Mainstreamdiskursen fungieren sie nach wie vor hauptsächlich als Objekte, ohne Mitspracherecht. Die Unsicherheit darüber, ob man nach Österreich gehört, ist ein fester Bestandteil der Gastarbeiterbiografien und wird bewusst und unbewusst auch an die Kinder weitergegeben. Mittlerweile hat diese Arbeitsmigration drei Generationen von Menschen geprägt. Es ist daher an der Zeit, die „Gastarbajteri“ (Gastarbeiter*innen), wie sie im Raum des ehemaligen Jugoslawiens genannt werden, in das kulturelle Gedächtnis Österreichs hinein zu reklamieren. Auch die zweite und dritte Nachfolgegeneration ist im Jahr 2020 weiterhin strukturell benachteiligt.

Warum ich ein Gastarbeiter*innen-Denkmal als notwendig erachte

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ende 1972 folgte mein Vater, Nedeljko Ristić auch dem Ruf seiner Freunde und Bekannten und kam nach Oberösterreich, um sich als Gastarbeiter zu versuchen. Zu diesem Zeitpunkt war er schon mit meiner Mutter Smilja verheiratet und meine drei älteren Geschwister (Snezana, 9 J., Marko, 5 J. und Darko 2,5 J.) waren bereits auf der Welt. Zu diesem Zeitpunkt haben meine Eltern nur ein Grundstück im damaligen Jugoslawien besessen und haben in einem 1-Zimmer Häuschen auf Miete gewohnt. Mein Vater erhoffte sich, dass er in ein paar Jahren genug verdienen würde, um ein Haus zu bauen und dann würde er schon zurückkehren. Etwa ein halbes Jahr später ist meine Mutter auch zu ihm nach Oberösterreich gezogen und meine Geschwister blieben bei der Oma. Meine Oma war ein guter Mensch, aber sehr pflichtbewusst und oft streng zu meinen Geschwistern. Aus unzähligen Gesprächen mit meinen Geschwistern Jahre später habe ich erfahren, wie schwer es für sie war, ohne Mutter aufzuwachsen oder besser gesagt, mit Eltern, die auf Besuch kamen wie Gäste und dann wieder nach Österreich zurückkehrten. Jedes Mal hat es meiner Mutter das Herz zerrissen, dass sie ihre Kinder zurücklassen und selbst in ein fremdes Land gehen musste, in der Hoffnung letztendlich ihren Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Im Nachhinein hat sie immer wieder an ihrer Entscheidung gezweifelt, aber haben wir heute das Recht über andere Menschen zu urteilen, die in dem Glauben gehandelt haben, das Beste für ihre Kinder getan zu haben? Manch einer kann sich das heute nicht mehr wirklich vorstellen, daher möchte ich an rumänische Pflegekräfte erinnern, die aktuell nur alle 14 Tage ihre Kinder sehen können.

Mein Vater hat unter anderem in der Voestalpine gearbeitet und 1973 am Bau des 150 Meter hohen Schornsteins des Kraftwerks Donaustadt mitgewirkt. Jahre später hat mir mein Vater erzählt, dass es nicht lustig war so hoch zu klettern und oben dann noch schwindelfrei arbeiten zu müssen. Ein Fehler hätte ihm das Leben kosten können. Meine Mutter hat zu dieser Zeit zunächst in einem Restaurant als Küchengehilfin gearbeitet und später dann in einer Fabrik für Modeschmuck. Soweit ich mich erinnere, soll diese Fabrik in Enns in Oberösterreich gewesen sein. Sie erzählte mir eine Anekdote, wie sie in der Fabrik hinter der Maschine gesessen ist, die sie bedienen sollte und sie war in Gedanken versunken, weil sie wieder mal an ihre Kinder dachte. Ihr Chef ist vorbei gegangen und hat mitbekommen, dass sie abwesend ist und dass sie sich verletzen könnte, wenn sie nicht aufpasst und hat ihr zugerufen: „Smilja! Aufpassen! Nicht so viel denken!“. Meine Mutter hat aber statt des Worts „denken“ das Wort „trinken“ verstanden und ist sofort wütend aufgesprungen und wollte sofort nach Hause gehen, denn wie kann ihr Chef sowas behaupten, wo sie nicht einmal einen Tropfen Alkohol zu sich nimmt. Zum Glück waren andere Arbeitskolleginnen von ihr anwesend und haben sie über den Irrtum aufgeklärt, sodass alle am Ende letztendlich darüber herzlich gelacht haben. 1978 kehrte meine Mutter zunächst zurück in ihr Heimatland, da sie schwanger war und sie die Sehnsucht nach ihren Kindern nicht mehr aushalten konnte. So wurde ich in Oberösterreich gezeugt, aber geboren wurde ich im damaligen Jugoslawien. Es ist also nicht verwunderlich, dass ich 20 Jahre später als Student in meine alte Heimat Österreich zurückgekehrt bin. Mein Vater ist dann auch 1980 zurückgekehrt.

Mittlerweile sind meine Eltern verstorben und ich hatte immer vor schriftlich und bildlich ihre Geschichten festzuhalten und da ich selbst in Österreich lebe und sie im jetzigen Kroatien waren, haben wir es zeitlich nie geschafft. Als Gastarbeiter-Kind sehe ich es als meine Pflicht an, mich dafür einzusetzen, dass dieser Teil der österreichischen Geschichte nicht verloren geht, damit die Erinnerung an meine Eltern lebendig bleibt. Wir erinnern uns oft an Kaiser, an Könige, an Admirale, an Bürgermeister, aber dennoch fällt es uns schwer der Arbeiter*innen zu gedenken, ohne deren Arbeitskraft kein einziges Bauwerk oder keine einzige Infrastruktur erbaut worden wäre.

Für mich als Initiator ist eines klar: Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um diese Idee umzusetzen. Es gibt keine Alternative und kein Aufgeben, weil wir es als Gesellschaft unseren Eltern, Großeltern, Nachbarn und noch wichtiger unseren Kindern und allen Generationen in der Zukunft schuldig sind. Die Wertschätzung gegenüber dieser Generation, aber auch die individuelle und systemische Verantwortung aus historischen Prozessen zu lernen und geschichtsgeleitet zu handeln, haben mich zu dieser Initiative veranlasst.

Dieses Denkmal wird auch als Bildungsstätte verstanden werden.

 

Warum der Name des Denkmals „GASTARBAJTERI“?

Zur Würdigung der Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter und ihrer Rolle für die erfolgreiche Stadtgeschichte soll ein Gastarbeiter*innen-Denkmal am Wiener Hauptbahnhof geschaffen werden.

 

Die Ausstellung „Gastarbajteri – 40 Jahre Arbeitsmigration“ (3), die vom 22. Jänner bis zum 11. April 2004 im Wien Museum Karlsplatz zu sehen war, ist der Auslöser für diesen Gedanken. Der unmittelbare zeitliche Anlass für das Ausstellungsprojekt „Gastarbajteri“ war der Abschluss und das Inkrafttreten des Anwerbeabkommens 1964 mit der Türkei und 1966 mit dem damaligen Jugoslawien. Mit dem Namen des Denkmals wollen wir einerseits lückenlos an diese Ausstellung anschließen und so die Geschichte und die Bemühungen vieler Aktivist*innen, Wissenschaftler*innen, Politiker*innen, Freiwilligen weitererzählen, damit uns bewusst wird, wie lange bereits die Bestrebungen und die Bemühungen zurückgehen, die ausländischen Arbeitskräfte als Teil der österreichischen Geschichte zu sehen. Ein Denkmal ist ein dauerhaftes sichtbares Bekenntnis der Stadt Wien und Österreichs zu ihren Mitbürgern. Die jugoslawischen Gastarbeiter*innen haben sich in ihrer Muttersprache untereinander als „Gastarbajteri“ bezeichnet und damit lassen wir diese Menschen mit dieser Namensgebung auch ihre Umgangssprache, um ihre Gefühle und ihre Lebensumstände am besten auszudrücken.

 

Mittlerweile gibt es ein Kollektiv, bestehend aus Historiker*innen und Aktivist*innen, Politiker*innen, Vereine und Organisationen, die bereit sind, sich bei der Umsetzung des Denkmals zu engagieren.

Wir hoffen, dass wir Sie für unser Projekt als Unterstützer/in gewinnen können.

Savo Ristić - Initiator

Obmann KUM - Verein Kunst und Menschen

(1) Autor: Olivera Stajić

Veröffentlichungsdatum: 3. Juli 2016

Titel: „Ich bin ein Teil dieser Geschichte“

https://www.derstandard.at/story/2000039577423/ich-bin-ein-teil-dieser-geschichte

Zugriffsdatum: 22.06.2020

(2) Autor: APA/Helmut Fohringer

Veröffentlichungsdatum: 1.12.2016

Titel: Straßennamen: Erste Zusatztafeln

https://wien.orf.at/v2/news/stories/2811943/

Zugriffsdatum: 22.06.2020

(3) Gastarbajteri – 40 Jahre Arbeitsmigration

http://www.gastarbajteri.at/

Zugriffsdatum: 24.06.2020

Moderatorin: Alice Fehrer, Historikerin, Kollektiv MUSMIG

Savo Ristić ist der Obmann des Vereines KUM Kunst und Menschen und Initiator einer Initiative für ein Gastarbeiter*innendenkmal, politisch engagiert er sich aktiv für Migrant*innenrechte.

GASTARBEITER*INNEN-DENKMAL - UNTERSCHRIFTEN SAMMELN AM WIENER HAUPTBAHNHOF

Kommentare der Unterstützer*innen

Bernadette H. "Bereits als ich noch Kind war, gab es in meiner Geburtsgemeinde viele Gastarbeiter, im Baugewerbe verschiedenster Art. Die Menschen sind von anderen Ländern gekommen, um hier zu arbeiten. Mit ihrer Hilfe hat Österreich einen großen wirtschaftlichen Aufschwung geschafft. Bis heute sind es die GastarbeiterInnen, die in Österreich wichtige Arbeiten verrichten. Die zweite noch wichtigere Aufgabe, die die Gastarbeiter damit wahrgenommen haben, war u. ist, dass sie einen großen Beitrag dazu leisten, dass sie ihre Familien in ihren Herkunftsländern vor Armut bewahren und damit ihr Herkunftsland wirtschaftlich verbessern. Gastarbeiter arbeiten für zwei Länder. Sie haben sich im Alter eine Pension verdient und noch mehr, es ist recht und richtig, diesen Menschen zum Dank ein Denkmal zu setzen!"

Günther S.  "Weil wir alle den Gastarbeitern sehr viel zu verdanken haben. Sie verließen ihre Heimat, um unser Land und seine Wirtschaft nach den verheerenden Folgen des 2. Weltkrieges wieder aufzubauen, nahmen dabei nur allzu oft Diskrimination und erbärmliche Unterbringung in Kauf. Ein Denkmal gibt ihnen die Ehre zurück, die sie verdienen."

Alexander P. "Die Initiative spricht erinnerungskulturelle Fakten und Leerstellen an, die mir selbst bereits aufgefallen sind. Es ist wichtig, allen ÖsterreicherInnen, egal welcher Herkunft, die Großes und Gutes für dieses Land geleistet haben, zu gedenken."

Daniela R. "Durch Gastarbeiter*innen konnte Österreich zu einem der wohlhabendsten Ländern werden. Das soll auch entsprechend gewürdigt werden, vor allem weil in diesem Land immer nur gegen "die Auslända!" gehetzt wird."

GASTARBEITER*INNEN DENKMAL AM SÜDBAHNHOF

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Österreich muss seine Geschichte endlich vollständig und ehrlich erzählen. Ein wichtiger Teil dieser Geschichte sind auch GastarbeiterInnen. Wenn wir das leugnen, dann leugnen wir unsere Geschichte und brauchen uns nicht wundern, wenn es in Zukunft weiterhin zu einer ansteigenden Menschenfeindlichkeit kommen wird. Wenn wir GastarbeiterInnen anerkennen, dann werden wir vielen Nachkommen dieser GastarbeiterInnen Mut geben und ihnen auch erleichtern sich mit unserem Land Österreich zu identifizieren und dieses auch als eigene Heimat zu sehen.

KURATOR*INNEN FÜHRUNG "DIE GEBURT DES MUSEUMS DER MIGRATION"

Skelett als Symbol eines Gastarbeiter*innen Denkmals

"Die Geburt des Museums der Migration"

Ich habe kurz, die Idee eines GastarbeiterInnen Denkmals vorstellen dürfen.

GEKOMMEN, UM ZU BLEIBEN - 50 JAHRE GASTARBEIT

MA 17 und Okto TV

Vor 50 Jahren kamen die ersten GastarbeiterInnen nach Österreich. Sie haben wesentlich zum Erfolg der Stadt Wien und des ganzen Landes beigetragen. Dafür gilt es Danke zu sagen! Die Stadt Wien bedankte sich bei ehemaligen GastarbeiterInnen im Rahmen eines Festaktes am 3. September 2014, wo auch der Film "Gekommen, um zu bleiben" Premiere feierte.

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